Ortschaft Seelenleuchte

Seelenleuchte ragt wie ein faulender Zahn am Rand der Klippen in den Himmel empor, wo das Meer schwarz ist wie vertrocknetes Blut und der Wind in toten Zungen flüstert. Der zerfallener Turm ist der Überrest eines älteren Bauwerks, dessen Ursprung niemand mehr kennt. Die legendäre Seefahrerin Fernweh soll ihn in jener Nacht entdeckt haben, als ein Sturm ihr Schiff beinahe in den Abgrund riss – nur das unheilige Leuchten des Elmsfeuers an den alten Metallzinnen rettete sie vor dem Verderben. Aus Dank und Furcht errichteten Überlebende dort einen Leuchtturm als Wegweiser für die Lebenden und als Mahnmal für die Ertrunkenen. Doch aus der Ehrung wuchs ein Kult: nächtliche Prozessionen, Lichter auf Stäben, murmelnde Litaneien an das dunkle Meer. Man sagt, dass sie dort in sturmgepeitschten Nächten falsche Feuer entzünden – und ganze Schiffe den hungrigen Tiefen der See opfern. Doch wer das laut ausspricht, dem antwortet nur das ewige Grollen der Brandung…

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