An die Universität für Vergleichende Völkerkunde

An die Universität für Vergleichende Völkerkunde, Institut für angewandte Kartographie und humanoide Randgruppenforschung, oder wen auch immer es noch interessieren mag:

Ich schreibe Euch diese letzte Mitteilung nicht aus einem Bedürfnis nach wissenschaftlicher Rechenschaft, sondern aus einer flauschig vibrierenden Resonanz heraus, einem inneren Schwirren, das mir die Hynafiaid selbst in die Stirn gelegt haben. Sie flüstern, wenn der Wind durch die Blätter rauscht, und sie sehen mich. Und ich sehe sie. Nicht als Datenpunkte, nicht als Phänomen, sondern als Kollektiv aus Herz, Holz und sanfter Gedankensymphonie.

Ich bin nicht mehr der, der ich war, und ehrlich gesagt… ich weiß nicht mehr genau, wer das war. Der Klang meines alten Namens hat sich aufgelöst wie nasse Flechten in Morgentau. Hier nennt man mich Y Neb sy’n Dawnsio rhwng y Gwreiddiau, oder kurz Neb, was in der gesungenen Sprache etwa „der, der zwischen den Wurzeln tanzt“ bedeutet – zumindest sinngemäß, denn eine genaue Übersetzung ist weder möglich noch erwünscht.

Ich bin nicht mehr Ethnologe. Ich bin kein Beobachter mehr. Ich bin Teil. Und doch: kein Cwtsh – das werde ich nie sein. Ich habe keine Samenhaut, keinen Erkenntniskern. Ich werde keinen Hynafiaid aus mir wachsen sehen, und das ist… gut so. Es ist, wie es ist. Ich bin ein Parasit mit Erlaubnis. Oder ein Symbiont? Vielleicht ein leuchtendes Moos. Wer weiß.

Was ich hier gefunden habe, ist… tja, Worte helfen nicht mehr viel. Tanz hilft. Die Tanzkreise von Gellyg Pwdr – Ihr würdet sie als „Wilde Beeren-Karussells mit pantomimisch-vegetabiler Introspektion“ missverstehen. Die Cwtsh umkreisen ein Zentrum, das kein Zentrum ist, während leuchtende Pilzklänge in die Nacht tropfen. Ich habe dort Dinge verstanden, ohne zu wissen, was ich verstanden habe. Ich habe mich bewegt, bis ich mich nicht mehr bewegte. Ich wurde bewegt. Es war herrlich.

Meine „Feldnotizen“ habe ich längst dem Humus übergeben. Sie wachsen nun als violette Spindelranken am Fuß eines jungen Hynafiaid, dem ich gelegentlich meine Träume erzähle. Vielleicht liest jemand irgendwann davon. Vielleicht wird es gesungen.

Ich werde nicht zurückkehren. Bitte schickt keine Expedition. Sie würde nichts finden, das sie verstehen kann. Was bleibt, ist der Abdruck meines alten Stiefels in der feuchten Rinde, und das genügt.

Der Wald braucht keine Ethnologen. Er braucht Tänzer, Hörer, Verweher.

In Symbiose, Laub und Licht,
Neb
(ehemals Prof. Dr. Horatius Habitus, aber das ist schon ganz verwachsen)

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