Es war ein sonniger Tag in Düsterhain, einem verschlafenen Dorf, das sich für den besonderen Anlass in bunte Tücher und Blumen gehüllt hatte. Die Hochzeit von Baroness Lilia Goldglanz und Ritter Edwald Donnerblatt sollte stattfinden, doch eine Katastrophe drohte: Der Hochzeitsring war verschwunden!
Mit zitternder Stimme bat der nervöse Diener des Barons im Dorf um Hilfe. Es war ein Notruf, der zwei ungleiche Helden wider Willen erneut zusammenführte.
„Warum ausgerechnet du?“ knurrte Borin Eisenfaust, während er auf den prächtig geschmückten Dorfplatz stapfte. Er trug eine Lederschürze voller Werkzeug, denn er hatte gerade in einer Schmiede gearbeitet, als man ihn um Hilfe bat.
„Ich könnte dich dasselbe fragen, Zwerg“, entgegnete Aelor Schimmerblatt, der in eleganter Elfenkleidung vor sich hin schritt. Er hielt eine Blume in der Hand, die er sich unterwegs gepflückt hatte. „Vielleicht glaubt der Baron, ich könnte mit meinem Verstand ausgleichen, was dir fehlt.“
„Mit deinem Verstand?“ Borin schnaubte. „Du hast letztes Mal einen Pfeil in meinen Helm geschossen!“
„Das war strategisch! Du hast dadurch mehr Aufmerksamkeit erregt.“
„Strategisch, meine Bartspitzen!“
Die Diskussion wurde von der weinerlichen Stimme der Braut unterbrochen. „Bitte, ihr müsst den Ring finden! Ohne ihn kann die Hochzeit nicht stattfinden, und… und das wäre eine Schande!“
Borin kratzte sich am Kopf. „Was für ein Unsinn. Wieso reicht nicht einfach ein neuer Ring?“
„Es ist ein Familienerbstück!“ jammerte die Braut. „Mit magischen Gravuren, die ewige Liebe garantieren!“
Aelor nickte nachdenklich. „Es klingt, als wäre der Ring wertvoller als der Bräutigam.“
„Das glaube ich auch“, murmelte Borin. „Na gut, wer hat ihn zuletzt gesehen?“
Die Spur führte die beiden Helden zu einem kleinen, windschiefen Haus am Rande des Dorfs. Es gehörte einem verdächtigen Gnom namens Gribbel Zackenschnabel, der für seine geschickten Finger und seine Liebe zu glänzenden Objekten bekannt war.
„Ich sag’s dir, der Gnom hat’s getan“, flüsterte Borin. „Gnome klauen immer alles, was nicht niet- und nagelfest ist.“
„Nicht jeder ist so ein Chaot wie du, Borin“, erwiderte Aelor, während er höflich an die Tür klopfte. „Vielleicht sollten wir ihn einfach fragen.“
Die Tür öffnete sich knarrend, und ein winziger, misstrauischer Gnom lugte hervor. „Was wollt ihr? Ich hab nichts geklaut!“
„Hat niemand behauptet“, sagte Aelor mit einem charmanten Lächeln. „Aber wir suchen einen Hochzeitsring, der vermisst wird. Vielleicht hast du ja etwas gesehen?“
„Ich hab nix gesehen und nix gehört!“ rief Gribbel und wollte die Tür zuschlagen, doch Borin schob seinen Fuß dazwischen. „Warte mal, Spitzbübchen. Warum bist du dann so nervös?“
Die Konfrontation eskalierte schnell. Borin stürmte in das Haus, während Aelor seufzte und höflich folgte. Drinnen fanden sie allerlei geraubtes Zeug – glänzende Löffel, goldene Münzen und ein silberner Kerzenhalter –, aber keinen Ring.
„Wo ist er, Gribbel?“ knurrte Borin, während er einen Becher hochhielt. „Wenn du ihn nicht rausrückst, lernt dein Gesicht meinen Hammer kennen.“
„Ich hab ihn nicht mehr!“ rief der Gnom. „Ich hab ihn verkauft! An die alte Kräuterfrau im Wald!“
„Im Wald?“ stöhnte Aelor. „Natürlich.“
„Warum machen uns Leute wie du immer das Leben schwer?“ Borin schüttelte den Kopf. „Los, Elf, jetzt suchen wir eine Hexe.“
Die Kräuterfrau, die tief im Schattenwald lebte, war eine verschrobene Alte mit einem Vogelkäfig über der Tür und einem finsteren Lächeln. „Ach, der Ring? Ja, den habe ich“, sagte sie, während sie einen dicken Kessel umrührte. „Aber warum sollte ich ihn zurückgeben? Er passt so gut in meine Sammlung.“
„Weil sonst eine Hochzeit platzt“, sagte Aelor und setzte sein charmantestes Lächeln auf. „Und weil ewige Liebe etwas ist, das niemand zerstören sollte.“
„Tja, ich könnte ihn euch geben“, überlegte die Kräuterfrau, „aber nur, wenn ihr mir ein kleines Problem löst. Mein Kräutergarten wird von einem Rudel wilder Wildschweine verwüstet.“
Borin stöhnte. „Also müssen wir jetzt Schweine verjagen? Was kommt als nächstes, Elf? Rennen wir bald auch noch einem deiner Schmetterlinge hinterher?“
Der Kampf gegen die Wildschweine war chaotisch, um es gelinde auszudrücken. Borin stapfte mutig voran, schwang seinen Hammer und rief: „Kommt her, ihr Biester! Ich mach Wildschweingulasch aus euch!“ Aelor hingegen kletterte geschickt auf einen Baum und begann, die Tiere mit wohlplatzierten Pfeilen zu verscheuchen. „Du bist wie ein Berserker mit Beinen, Borin. Versuch’s doch mal mit Strategie.“
„Und du bist wie ein Baum, Elf: festgewachsen und nutzlos.“
Trotz ihrer Streitereien gelang es den beiden, die Schweine zu vertreiben. Die Kräuterfrau hielt ihr Versprechen und übergab ihnen den Ring.
Zurück im Dorf überreichten sie den Ring der Braut, die in Tränen ausbrach – diesmal vor Freude. Die Hochzeit wurde gerettet und die beiden Helden sahen sich gezwungen, an der Feier teilzunehmen.
„Weißt du“, sagte Aelor und betrachtete Borin, der mit vollem Mund tanzte, „vielleicht bist du doch für etwas gut.“
„Das Gleiche könnte ich von dir sagen, Elf“, erwiderte Borin mit einem Grinsen. „Aber nur, wenn ich genug Bier intus habe.“
Die beiden tranken, stritten und lachten – zumindest für diesen Abend. Doch tief in ihren Herzen wussten sie, dass dies nicht das letzte Abenteuer war, das sie zusammen bestehen würden.
So berichtet von dem Halbling Bolbi Bitterberg
Herumtreiber & Geschichtenerzähler