Geflutete Werkstätten – Katastrophe oder Kalkül der Mächtigen?

Vor wenigen Wochen ging eine plötzliche Flut durch das Armenviertel und hinterließ eine Spur aus Verwüstung und Hoffnungslosigkeit. Besonders hart getroffen wurden die kleinen Werkstätten, die für viele Bewohner nicht nur die Grundlage ihrer Arbeit, sondern auch ihres Überlebens darstellten. Schmieden, Holzwerkstätten und sogar einige der kleinen Webstuben, die wir hier haben, wurden von der Wassermasse zerstört.

Doch während das Wasser mittlerweile abgeflossen ist, bleiben die Fragen zurück: War dies wirklich ein unglückliches Naturereignis? Oder steckt mehr dahinter?

Die offiziellen Stellen haben schnell eine Erklärung geliefert. Es habe ein „unerwartetes Schmelzen von Eis“ in den höher gelegenen Kanälen der Oberstadt gegeben, ausgelöst durch ein plötzliches Temperaturhoch. Die Flut sei unvermeidbar gewesen, ein „Unfall der Natur“, wie sie es nannten. Doch wer die Oberstadt kennt, weiß, dass kein Tropfen Wasser dort fließt, ohne dass die Zwerge es kontrollieren. Ihre berühmten Aquädukte und Abflusskanäle sind Meisterwerke der Ingenieurskunst – nichts, was unkontrolliert geschieht. Und trotzdem sollen wir glauben, dass dieses „unerwartete Hochwasser“ zufällig den ärmsten Teil der Stadt getroffen hat?

Noch auffälliger ist, was die Flut zerstört hat: Nicht die ohnehin zerfallenden Wohnhütten, nicht die dunklen Gassen, sondern gezielt die Werkstätten, die ohnehin schon ums Überleben kämpften. Die Schmieden, in denen die letzten freien Handwerker des Viertels einfache Werkzeuge herstellten, wurden komplett überschwemmt. Ihre Öfen erloschen, ihre Ambosse rosten in der Feuchtigkeit. Die Holzwerkstätten, wo Wagen und Möbel gefertigt wurden, sind jetzt gefüllt mit Schmutz und Schlamm. Die wenigen Handweber, die uns mit dicken Decken für den Winter versorgten, haben keine funktionierenden Spinnräder mehr.

Diese Zerstörung hat eine klare Konsequenz: Noch mehr Menschen aus dem Armenviertel werden gezwungen sein, in den großen zwergischen Werkstätten der Oberstadt zu arbeiten. Dort, wo die Löhne gerade so zum Überleben reichen und die Arbeiter wie bloße Zahnräder im Maschinengetriebe behandelt werden. Wer ein eigenes Werkzeug besaß, wer unabhängig arbeiten konnte, hatte zumindest einen Funken Würde und Freiheit. Doch das Wasser hat diesen Funken gelöscht.

Es gibt Gerüchte, leise geflüsterte Worte in den dunklen Ecken der Tavernen, dass diese Flut kein Zufall war. Einige sagen, die Wachen der Oberstadt hätten gezielt Schleusen geöffnet, um das Wasser ins Armenviertel zu lenken. Andere behaupten, dass der König selbst davon wusste und es gebilligt hat – ein einfacher Weg, um die wachsende Unabhängigkeit der Werkstätten zu brechen, bevor sie zu einer Bedrohung wurden. Beweise gibt es dafür keine. Aber wer hier lebt, kennt das Muster. Das Wasser mag geflossen sein, aber die Absicht war kalt und berechnend.

Und nun, während wir mit Schlamm und Rost kämpfen, während wir uns fragen, wie wir durch den Winter kommen sollen, bleiben die Oberen ungerührt. Der König schweigt. Die Zwerge der Oberstadt sprechen nur von „naturbedingten Schäden“ und lehnen jede Entschädigung ab. Sie sagen, es gebe Wichtigeres, die großen Kanäle müssten repariert werden, bevor so etwas erneut geschehe – als ob der nächste Strom uns nicht erneut treffen würde.

Vielleicht werden wir die Wahrheit über diese Flut niemals erfahren. Doch eins ist sicher: Was wie ein Werkzeug der Natur aussieht, wurde hier zu einer Waffe der Mächtigen. Und während sie ihre glatten Hände in Unschuld waschen, bleibt uns nur der Schlamm, in dem unsere Werkzeuge versinken.

~ Eine Bewohnerin der 4. Ebene von Eisschmiede

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