Wir grüßen Euch ehrerbietigst, werte Leser und Leserinnen des Vne Thall!
Es scheint an der Zeit, dass ich selbst, Ghalynija Suneya Vermyn, die Hal Am’Vnelayjah, das Wort ergreife und sowohl von den Entwicklungen seit dem ersten Lichten des Aschenebels berichte, wie auch Stellung beziehe zu dem anklagenden Pamphlet, welches im vorherigen Buch der Zeit aus dem 10. Mondlauf abgedruckt wurde, sowie der Erwähnung in der ebenfalls dort zu findenden Abschrift des Freien Askenblads.
Die Lage im Reich
Die vergangenen Weltenläufe waren hart und der Aschenebel überdeckte ganze Landstriche, wodurch wir Mahad Bayin’Shebalah, die Region in welcher Dal Am’Shyjiv liegt, praktisch nicht verlassen konnten. Wir hatten keinerlei Kenntnis von dem, was sich innerhalb oder jenseits des Schleiers zutrug.
Seit sich vor einem guten Weltenlauf der Nebel immer weiter zurückzog und das Land frei gab, begannen wir, das Land zu erkunden und das Reich Al’Umbryjil von neuem zu errichten. Wohin unsere Kundschafter auch kamen, fanden sie Angst, Armut, Verzweiflung. Der Aschenebel und die Kreaturen, welche er gebiert, haben Land und Leute über Generationen hinweg gebrochen. Es war an uns, die Hoffnung in den Herzen der Bewohner neu zu entflammen.
Doch das Feuer ist stark in unserem Volk und ein kleiner Funke genügte oftmals, um Siedlungen und Dörfer aus den Trümmern und neuen Mut aus der Resignation erwachsen zu lassen.
An den Ausläufern unseres wachsenden Reiches, lösen nun Steppen und teilweise gar saftige Weiden die ewige Wüste ab, welche am Ufer eines Meeres liegen.
Ungewohnt scheint uns dies. Einst soll Al’Umbryjil wohl größer gewesen sein als unser heutiges Reich. Doch niemals wurde von Meeresufern berichtet. Dies scheint den Bericht der Ntal’Hrom im vergangenen Buch der Zeit zu bestätigen – zumindest, so man sich auf die dürftigen Überlieferungen über die Zeit vor der Asche verlassen möchte.
Einige Regionen werden derzeit noch von den gefürchteten Nebelkreaturen heimgesucht. Doch wir sind zuversichtlich, dass wir binnen der kommenden zwei oder drei Mondläufe die betreffenden Regionen befrieden können. Wir wissen nicht, welche Intentionen diese Wesen verfolgen. Jedoch scheinen sie aggressiv und – wenn man dieses Wort benutzen möchte – bösartig zu sein. Eine friedliche Kommunikation scheint jedenfalls nicht möglich. Sollten hier von anderen Völkern abweichende Erfahrungen gemacht werden, wären wir dankbar über eine diesbezügliche Nachricht.
Weitere Ausschweifungen über Details der Reichsneubildung und -erweiterung werde ich an dieser Stelle auslassen. Wer Interesse an diesbezüglichem Austausch hat, ist eingeladen, mich oder andere Mitglieder des Reichsrates per Brief zu kontaktieren.
Stellungnahme zur Hetzschrift gegen das Reich
Das unter dem Titel “Erbunwürdigkeit!” im Buch der Zeit abgedruckte Pamphlet tauchte in den vergangenen Mondläufen auch in mehrfacher Ausfertigung in der Hauptstadt Dal Am’Shyjiv in Form von Flugblättern auf. Dieses Schreiben des sogenannten Bundes des Heiligen Blutes, welcher sich als die “wahre Gefolgschaft der Vnelyra” versteht, ist ein Affront nicht nur gegen mich persönlich, sondern gegen den Reichsrat und genau genommen gegen das gesamte Volk.
Vor vielen Weltenläufen löste die Volksherrschaft die bis dahin bestehende Theokratie ab. Die damalige Priesterschaft, welche im Namen der Feuergöttin das Volk führte, musste öffentlich anerkennen, dass sie nicht mehr in der Lage war, den Willen der Göttin zu empfangen und verkünden. Ihre fehlerhaften Regierungsentscheidungen in dieser Zeit haben das Volk und das Reich in einer ohnehin dunklen Zeit in eine prekäre Lage gebracht. Der Bildung der neuen Regierung war es zu verdanken, dass das Feuer der Vnelayjah nicht vom Aschenebel erstickt wurde. Vielleicht wären die Feuerelfen heute sonst nicht mehr als eine verschwommene Legende, wie so vieles, was die Aschezeit nicht überstanden hat.
Diese Tatsache anzuzweifeln ist nicht nur töricht, sondern gefährlich. Es bedroht den Reichsfrieden in einer Zeit, in der endlich die Hoffnung in unsere Herzen zurückkehren darf und ein ernsthafter Neubeginn greifbar wird. Der polemische Aufruf zum Sturz der Volksherrschaft könnte zu einer ernstzunehmenden Entzweiung der Bevölkerung bis hin zu einem Bürgerkrieg führen. Der Umstand, dass dies billigend in Kauf genommen wird, zeigt den Mangel an Verantwortung gegenüber dem Volke als Ganzes.
Mein Glaube an Vnelyrah ist stark. Und wenn sie uns ein Zeichen gibt, dass eine neue Ära der Theokratie angebrochen ist, werde ich in ihrem Willen handeln. Und wenn dieser besagt, dass an meiner statt jemand aus der Priesterschaft den Platz der Hal Am’Vnelayjah einnehmen soll, so werde ich dem nicht entgegenstehen. Bis dahin gilt mein Schwur, das Reich nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne des Volkes zu führen. Ich habe mein Versprechen gegeben und ich werde dies nicht aufgrund einer fundamentalistisch verblendeten Gruppierung reaktionärer Fanatiker brechen:
MEIN LEBEN DEM VOLKE!
Einräumen möchte ich hier, dass es – obgleich es keine Beweise dafür gibt – die Vermutung naheliegt, dass meine Vorfahren vor Generationen zumindest zum Teil einem anderen Volk entstammen. Ich leugne diese Wahrscheinlichkeit nicht und ich sehe dies nicht als Makel an. Es ist nicht das Blut in meinen Adern, nicht die Farbe meiner Haut, meiner Haare, meiner Augen, nicht der Name meines Ahnen, was mich zu einem würdigen Vertreter in den Augen des Volkes, des Reichsrates und auch der Priesterschaft macht, sondern es ist das Feuer in meiner Seele.
Wenn etwas unwürdig ist, so ist es dieser plumpe Versuch, meine Reputation und meine tatsächliche Legitimation mit einer solchen Hetzschrift zu beschmutzen und zu beschädigen.
Ich rufe die Verfasser dieser Schrift auf, sich einer öffentlichen Diskussion zu stellen und ihre Belange darzulegen, um konstruktiv mit dieser Situation umzugehen, anstatt sich hinter derart hetzerischen Pamphleten zu verstecken.
Stellungnahme zur Erwähnung im Freien Askenblad
Seit etlichen Mondläufen ist das Reich in Korrespondenz mit dem Askenfolk. Diese begründet sich auf Wohlwollen, der Suche nach gemeinsamen Zielen, wissenschaftlichem Austausch und dem Wunsch nach einer friedlichen Koexistenz im Angesicht der Dämmerung nach der Aschezeit. Obgleich die geografischen Merkmale unserer Reiche nahelegen, dass sich eine große Distanz dazwischen befindet, wählten die Reichsvertreter den Weg eines beurkundeten Nicht-Angriffs-Paktes, sowohl zu Wasser wie auch zu Land, sollten wir je aufeinandertreffen. Dies mag ein symbolischer Akt sein, doch er zeigt den Willen zur Kooperation und zur friedlichen Koexistenz, was in diesen hoffnungsvollen Zeiten bereits viel wert ist.
Entgegen der zynischen Äußerung ”Wo gibt es in einer Wüste die See???” verfügt das Reich Al’Umbryjil, wie hier bereits berichtet, durchaus über Küstenregionen. Somit ist ein Zusammentreffen zur See eines Tages sogar wahrscheinlicher als zu Land.
Mit der Bezeichnung “Askenfolk der Wüste” können wir uns unterdessen noch nicht ganz identifizieren, auch wenn dies im Munde eines Angehörigen des Askenfolks mehr als schmeichelhaft sein mag. Wir krönen uns nicht gerne mit Vorschusslorbeeren, welche wir uns zum einen noch nicht verdient haben und zum anderen Erwartungshaltungen schüren, welche unseren Stand im fremden Volk am Ende schwieriger macht und Enttäuschungen nach sich ziehen kann, oder gar – wie dieses freie Nachrichtenblatt zeigt – Unmut zu schüren imstande ist. Der diesbezügliche Briefwechsel mit Liv Askehjul, Vorsteherin des Rates der Gilden von Jarnfjord, ist sehr erbaulich und von Verständnis für das Aufkommen von Unstimmigkeiten in schnell expandierenden Reichen geprägt. Eine Stellungnahme im Jarnfjordbodet durch den dortigen Rat der Gilden ist laut Liv Askehjul bereits geplant.
Das Volk in Al’Umbryjil wurde und wird auch weiterhin während der Verhandlungen laufend durch Bekanntgebungen des Reichsrates in Dal Am’Shyjiv unterrichtet. Diese Verkündigungen fanden in aller Regel auch ihren Weg über die Stadtgrenzen hinaus durch den Volksboten, das hiesige Nachrichtenblatt. Die Regierung von Al’Umbryjil hat nichts verheimlicht und diesbezüglich auch keinerlei Interessen – schließlich ist dieser symbolische Handschlag mit einem fremden Volke eine durchweg positive Nachricht für die Bevölkerung.
Ich, sowohl persönlich wie auch im Namen des Reichsrates, hoffe, mit diesen Worten etwas Licht ins Dunkel um das Volk der Vnelayjah und die aktuellen Begebenheiten in unserem Reich gebracht zu haben.
niedergeschrieben von Ghalynija Suneya Vermyn Hal Am‘Vnelayjah des Reichsrates von Al‘Umbryjil im 14. Mondlauf nach der Asche
niedergeschrieben von
Ghalynija Suneya Vermyn
Hal Am‘Vnelayjah des Reichsrates von Al‘Umbryjil
im 14. Mondlauf nach der Asche