Vom Vermächtnis des letzten Ethnarchen

Hört, oh ihr Völker! Nach dem Willen unseres unsterblichen Herrschers, der durch das Orakel gesprochen hat,
seien diese heiligen Worte aller Welt kund getan und offenbart die Begründung des Volks der Aschlinge:

Und es geschah in jenen Tagen, da der Himmel sich verhüllte im Mantel der Asche,
als das Licht versank und die Stimme des Morgens verstummte: Da fiel das große Reich.
Die Zinnen der Paläste barsten, die Statuen der Ahnväter sanken in Staub,
und das Leben wich aus den Gassen wie Wasser aus zerbrochenem Stein.
Das grausame Schicksal entriss uns allem, was lebendig macht.

Denn niemand war mehr, uns zu helfen:
Gefallen waren die großen Ethnarchen und ihre Heere.
Der letzte Spross aus altem Blut, zart noch an Jahren,
lag schweigend darnieder auf den Gräbern der Vorfahren.
Und sein Herz zerbrach, ehe sein Haar ergraute,
und seine Seele ward in Schmerz und Trübsal gebettet,
und seine getreuen Sklaven hielten Wacht bis zum letzten Atemzug.

So bettete man in mit Riten und Macht
in einen Sarkophag von schwarzen Stein
ihn höchster Ehrerbietung und Verehrung,
versiegelt in der untersten Kammer.
Und sein Volk weinte drei Tage und drei Nächte.
Viele verfielen dem Wahn und nahmen sich das Leben.
Andere wurden starr vor Trauer und bar jeglichem Willen.
Not und Elend und Klage ist alles, was blieb.

Da erhoben sich Geweihte und Weise. Sie sprachen:
„Hört ihr nicht das Flüstern der Toten in der Stille?“
Siehe, der letzte Ethnarch und die Ahnen sprachen zu ihnen.
Und sie hüllten sich in Schleier und wurden das Orakel der Toten.
Ihre leisen Worte aber brachten Erkenntnis und Trost:

„Das Reich ist gefallen, doch sein Schatten bleibt.
Der letzte Ethnarch wird nicht wiederkehren,
denn er herrscht aus dem Reich der toten über die Lebenden.
Das Leben ist eine unheilbare Wunde, die zu ertragen ist.
Was aber stirbt, soll nimmer mehr vergessen werden.
Betrauert und beweint, was für immer verloren ist
und haltet die Erinnerung wach an vergangene Sünden.
Denn die Verstorbenen ermahnen uns zur Ordnung
auf dass wir unser Los als niedrige Aschlinge annehmen.“

Jene aber, die gebeugte in Dienst und Erinnerung,
die ihr Leben an das Vermächtnis gebunden,
die Lasten trugen, die älter sind als sie selbst,
werden bis heute Akolythen benannt.
Sie gehorchen einzig der Stimme des Ethnarchen
um getreulich seinem Volk zu dienen.

Und aus Staublinien zusammengerufen,
wurde der Senat erneut aufgerichtet
wie es seit alters her Sitte und Brauch ward.
Die Ältesten der Sippen waren berufen
zu verwalten, was übrig geblieben.
Nicht aber um zu herrschen,
doch um den Untergang zu verzögern.

So sei es niedergeschrieben.
So sei es beklagt.
So sei es erinnert.

Verfasst und beglaubigt durch Ordensmeisterin Trauerfluch von den Klagenden aus der Sippe der Sorgenweber

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