Berichte eines Forschers – Band 5 von Poc Lomaro

— Auszug der ersten Seiten —

Liebste Leser und Leserinnen – mit Freude möchte ich Euch von meinen neuesten Erkenntnissen berichten.

Nach anderthalb Weltenläufen erschien nun endlich der fünfte Band und ich kann euch versichern: Das Warten hat sich gelohnt! Besonders hervorheben möchte ich die erstmalige Erscheinung eines neuen Volkes! Selbst nennen sie sich die Eluvaari. Ein zurückgezogenes Völkchen, das eine sehr enge Gemeinschaft pflegt und erst mit dem Rückgang des Aschenebels aufgeschlossener wurde. Mit Stolz möchte ich also verkünden, dass ich im Laufe des letzten Weltenlaufs ein anerkannter Freund und Gast der Königsfamilie wurde.

Doch nun fangen wir einmal von vorne an: In meinen bisherigen Büchern dokumentierte ich für Euch die Erkenntnisse und Fähigkeiten meines Volkes. Für Interessierte möchte ich besonders Band 2 hervorheben mit dem Fokus auf Pflanzenkunde und Band 4, in dem ich Euch unsere Handwerkskunst vermittelte. Doch obwohl ich meine Heimat sehr schätze, zog es mich doch in die Ferne. So hörte ich von einem Gerücht: Es solle ein Volk geben, nicht unweit meines Ortes, das bisher noch kaum Kontakt mit anderen aufgenommen hatte. In mir kribbelte die Entdeckerlust. Wer ist schließlich besser geeignet, sich diesem Volk zu nähern als ein Schriftsteller und Forscher!

Ich machte mich also auf den Weg, das mysteriöse Volk zu finden und Euch, liebe Lesende, etwas Neues zu präsentieren. Meine Reise führte durch beschwerliches Gelände und nach Tagen fand ich mich in einem gar seltsamen Wald wieder. Bäume, deren Größe ich selbst mit den prunkvollsten Worten nur schwer darstellen kann, erstreckten sich in alle Richtungen gen Himmel.



Die Gemeinschaft im Wald der Riesenbäume, Region Aradelys
 

Und dann fand ich sie: die Eluvaari! Ihre Körpergröße ist durchschnittlich kleiner als meine. Sie besitzen ein kurzes Fell, das sich auch gut der Jahreszeit anpassen mag. Sie sind Wesen mit besonders feinem Hörsinn und auch ihre Sprache lässt sich schwer beschreiben. Sie erzeugen weiche Klänge, die musikalisch anmuten. Ihre Sprache besitzt keine Pausen und sie vermögen es auch, sich über große Entfernung zu unterhalten. Ihre Begabung des Hörsinns und der Sprache sind wahrlich außergewöhnlich. Doch zu meinem Glück verfügen sie nicht nur über Fähigkeit, fremde Sprachen schnell zu erlernen, sondern vermögen auch, über gesprochene Worte feinste Gefühlsregungen zu bestimmen. So gelang es mir, mich schon bald mittels einfacher Sätze mich mit ihnnen zu unterhalten. Allerdings brauchte ich einige Zeit, mich an ihre Art zu gewöhnen. Sie schauen einem nur selten in die Augen.Die Größe ihrer Augen deutet darauf hin, dass diese eher für die Nachtsicht gedacht sind, jedoch scheinen sie kaum für das Sehen von Kleinigkeiten gemacht zu sein. Der Abend und die Nacht waren generell die Zeit der Arbeit und der Beschäftigung. Stand die Sonne an ihrem höchsten Punkt, fand man die Eluvaari in ihren Behausungen schlafend vor.



Bewohner aus Aradelys
 

Nachdem ich ein paar Wochen mit den Eluvaari im Riesenwald verbracht hatte, war es an der Zeit, mehr des Reiches, welches den Namen Eldarion trägt, zu sehen. Wie mir versucht wurde zu erklären, scheint es fünf Landstriche im derzeitigen Reich des Volkes zu geben. Jeder Landstrich hat seine eigenen Gepflogenheiten und Lebensweisen. Mein erster Eindruck der Eluvaari war durch die Gemeinschaft im Riesenwald geprägt. Der Wald wird Aradelys genannt. Mein nächstes Ziel war die Hauptstadt Mealinor. Wirklich ein ganz gegensätzliches Bild bot sich mir da. Auch wenn die Verbindung mit der Natur noch zu erahnen war, beispielsweise durch die Stadtmauern und Tore aus Holz, war doch eine deutlich modernere Lebensweise zu sehen. Die Kleidung war nicht mehr aus einfachen Leinen, sondern aus gefärbtem Stoff. Überall gab es Stände mit Nahrung und feinste Kleidungsstücke. Bezahlt wird in Maelinor mit kleinen bläulichen Kristallen. Diese werden aus Minen in Aerydun gewonnen. Dies ist ein Bergzug im Norden des Reiches. Dazu aber später mehr.

Von Bezahlung schien man nur in Maelinor etwas zu halten. Außerhalb der Hauptstadt traf man eher Tauschhandel oder Gefallen an. Maelinor war außerdem stark geprägt durch die Königsfamilie, die den offenen Besuch der Straßen pflegte. Zuerst hatte ich die regierende Familie nicht einmal vom üblichen Volk unterscheiden können. Erst als ich einer offiziellen Sitzung des Rates beiwohnte, erkannte ich sie wieder. Scheinbar tragen sie nur zu solchen Zusammenkünften ihre königlichen Gewänder.



Portrait der Königsfamilie, rechts Königin Sereliana,
mittig Prinzessin Vaenora, links König Erythar

 

Der Rest des Rates setzt sich zusammen aus jeweils zehn Vertretern der fünf Landstriche: Bewohner von Aradeys, dem Wald der Riesenbäume, mit einer Tendenz, eher auf dem Tisch zu sitzen als auf den Stühlen. Bewohner von Aerydun, der Bergkette, die allesamt eine Kappe tragen, offenbar um jedwedes Licht von ihren Augen fernzuhalten. Bewohner von Rivaleen, einer Gegend geprägt von Flüssen und Seen, denen man ihr sichtliches Unbehagen ansah, nun auf festem Boden zu sein. Bewohner von Valadorn, einem Gebiet geprägt von Feldern und Wiesen mit Nutztier und Weizen, die selten aufhörten zu reden und wohl die Einzigen waren, die den Genuss von Alkohol zu schätzen wussten. Zuletzt gab es noch zehn Bewohner von Maelinor, welche eher kühler wirkten und es sich nicht nehmen ließen, den anderen Mitgliedern des Rates die Notwendigkeit einer reichsweiten Währung zu erklären.



Karte des Reiches Eldarion
 

Der Rat zeigte eine beeindruckende kulturelle Vielfalt aufgrund der Angepasstheit an den jeweiligen Lebensraum. Die Ratsmitglieder sammelten sich nur für Zusammenkünfte in der Ratshalle im Schloss. Es waren sonst normale Bewohner und sie wurden alle zufällig ausgewählt – ein Fakt, der mich besonders überraschte. Denn jeder im Rat hat die gleiche Stimme. Selbst die Königsfamilie steht dabei nicht über den anderen Mitgliedern!

Mit Freude kann ich Euch, liebe Lesende, verkünden, dass meine Wenigkeit für ein neues Gesetz sorgte. Meine Anwesenheit hat sich natürlich schon im ganzen Volk verbreitet. Wirklich eine beneidenswerte Fähigkeit über lange Strecken hören zu können. Das Interesse an meiner Sprache schien sehr groß zu sein, vielleicht sogar noch mehr als an meiner Kultur. So wünschte der Rat, nun meine Sprache zu lernen und so auch mehr Toleranz für die Außenwelt zu schaffen.

— Auszug Ende —

Lieber Leser und Leserinnen, ich hoffe Euch gefiel dieser kurze Einblick in meinen neuesten Band. Scheut Euch nicht, dieses und weitere meiner Bücher zu erwerben. In dieser Edition erfahrt Ihr noch mehr über die Kultur dieses einzigartigen Volkes und über meine Beobachtungen in allen Landstrichen dieses Reiches.

gezeichnet
Poc Lomaro

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