In den engen Straßen der Stadt, welche sich im Schatten von den drei großen freistehenden Türmen durch den darunter liegenden Häuserdschungel winden, hängen festliche Wimpel und große Fahnen wehen sanft in der lauen Brise vom Meer her. Es duftet nach Gebratenem und kräftigen Eintöpfen, die Wirte bereiten deftige Speisen in rauen Mengen zu. Die sonst dröhnenden Schmiedehämmer und Marktschreier schweigen. Kleinere Gruppen unterschiedlichster Herkunft strömen zur Menge vor der Festung auf dem zentralen Hügel. Aus allen Teilen des Reiches sind sie durch die dicken Stadtmauern Alineeas hin zur Verkündung gepilgert. Die Luft sirrt und summt voll der unterschiedlichen Sprachen und Laute der Verständigung. Hier ein Grußwort, dort ein Knurren, andernorts ein gepfefferter Fluch. Das herrschaftliche Gebäude ist eindrucksvoll von einigen prächtig gerüsteten Gardisten der neuen Miliz aus lykantropen Mutanten des Turmes der Schneewölfe und anderen humanoiden Volksvertretenden umstellt. Vom prunkvollen Balkon winken huldvoll die erhabenen Wesenheiten, die Herrschenden dieses Volkes. Die bereits Wochen zuvor ausgerufenen noblen Ratsmitglieder stehen eng und mit aristokratisch erhobenen Häuptern bei ihnen. Gebannte Blicke heften sich auf unsere drei Monarchen vom Lichtenstein auf dem Balkon. Ohne diese Ablenkung hätten aufmerksamere Betrachtende feline Humanoide in den Schatten der Häuser erkennen können, die wachsam die aufkommende Menge beobachten. Unsere Schneeleopardentürmer kennen die optimalen Posten und behalten stetig den Überblick.
Nach einer scheinbar unendlich wirkenden Zeitspanne erschallt die glockenhelle Stimme einer der Wesenheiten, Luryelin vom Lichtenstein spricht stellvertretend für die Monarchen zu den Kindern Artikas – jedes versammelte Individuum meint diese unnatürlich laut und direkt im Hinterkopf zu vernehmen:
„Stolz verkünden wir die Neuformierung unseres wieder erstarkten und erneut zusammen gewachsenen Volkes! Wir verstehen uns als die Kinder Artikas und sehen als die Wiege unserer Zivilisation diese unsere Hauptstadt Alineea an. Verbunden durch die überlieferten gesammelten Legenden stehen wir als geeintes Reich von Ligath Tureen fest in Freundschaft zusammen. Zuversichtlich schauen wir in die neue Ära unserer Gemeinschaft. Lasst uns zusammen die Häupter erheben und die Urahnen bitten uns weitere Bestätigung zu schicken für die Wahrhaftigkeit und Richtigkeit all unseres Strebens – in Dankbarkeit ehren wir das Artefakt, welches wir Dank unseres Buches der Legenden, dem ehrwürdigen „Codex Artikanea“, unter dem Hügel auf dem wir unsere Hauptfestung erbauten, gefunden haben. Auch wenn die Götter und die mondmagischen Magieflüsse schweigen, forschen und hoffen wir weiter auf die Erfüllung der uns prophezeiten Ereignisse. Möge die Macht Artikas in Ligath Tureen neuen Einzug erhalten und alle Stämme unseres Volkes wieder in Eintracht zusammen nach dem großen Ganzen – zum Wohle unseres Reiches streben. Mögen die Mutationen unsere Türme füllen, der Umstand weiter für – statt gegen uns wirken und der Stolz unseres Volkes weiter dem Gemeinwohl dienlich sein. Mögen unsere Orakel bald wieder laut und vernehmlich zu uns sprechen und unsere Kleriker, Schamanen und Paladine die Bunde zu den Gottheiten stärker knüpfen denn je. Durch Handel mit
den uns umgebenden Reichen und das Voranschreiten unserer Technologien und Forschungen wollen wir unseren Wohlstand auch in die Welt hinaus verbreiten. Ein Hurra auf die Einigkeit unseres Bundes!“
Einige vereinzelte Hurra-Rufe wehen durch die Menge. Die Wesenheiten stehen mit siegreich erhobenen Armen eng zusammen. Eine Vielzahl an Stimmen erhebt sich. Aus den höherliegenden Fenstern des Gebäudes heben tief tönende Fanfaren an. Sobald die Wesenheiten sich zurück ziehen erheben sich in den Grüppchen die ersten hektisch geflüsterten Unterhaltungen. Scharf gespitzte Ohren vernehmen Nachfragen nach den ausgestoßenen Eliteeisbärkriegern. Aus einer anderen Richtung vernimmt man Fragen um den Forschungsstand rund um das Artefakt und wann die ersten Schöffen für den neu kreierten Beirat ausgelost würden. Die Wesenheiten haben auf diese dringlichen Fragen der Bevölkerung keinerlei Antworten gebracht. Verwirrung wabert durch die sich auflösende Ansammlung. Es bleibt bei dem vereinzelt aufflammenden Jubel – beim Volk ist der Funken nicht ganz übergesprungen, noch ist die Einigkeit jung und der Zusammen-
halt fragil. Viele Gletscherelfen, Zwerge und Wikinger sind gekommen um dem erwarteten Spektakel beizuwohnen, selbst einige Gruppen von Schneemenschen sind anwesend, aber kaum einer vom Schattenvolk fand den Weg zur Feste. Nun strömen sie alle hungrig zu den Wirten, ihr Wissensdurst konnte nicht gestillt werden…
Augenzeugenbericht von:
Agent Krallenheld dem Jüngeren