Eine Statue für den König

Es gibt nun also eine neue Statue in unserer Stadt. Hoch aufragend und prunkvoll steht sie da, überblickt
die eisigen Straßen wie ein stummer Wächter, der niemals schlafen muss. Sie ist dem neuen König
gewidmet, ein Monument seiner vermeintlichen Größe und Macht. Aber während die aus Stein und Erz
gemeißelte Statue glänzt und funkelt, blüht der Schmutz und die Armut in den Armenvierteln, als ob die
Stadt uns an unseren Platz erinnern möchte.

Die Zwerge, unsere stolzen Herrscher, haben sich nicht lumpen lassen. Erlesene Handwerkskunst wurde
in die Arbeit gesteckt. Die besten Steinmetze der Stadt wurden herangeholt, der seltenste bläulich
schimmernde Frostmarmor verwendet und Monate der Vorbereitungen gipfelten in einer Enthüllung und
einem rauschenden Fest, das die Kälte für einen Moment vergessen ließ, jedenfalls für jene, die es sich
leisten konnten, dabei zu sein.

Aber ich frage mich, während ich diese Zeilen schreibe und die Kälte des Winters durch die Ritzen
meiner armseligen Behausung kriecht: Wo ist dieser Glanz und diese Pracht, wenn es um uns geht, die
Bewohner der vierten Ebene? Die Statue, so hoch und prächtig sie auch sein mag, spiegelt nichts als die
Ignoranz wider, die unsere Herrscher für das einfache Volk hegen. Sie thront über uns, doch wir, die wir
in Dunkelheit und Eis geboren wurden, sehen nur den Schatten, den sie wirft.

Es wird gesagt, dass die Errichtung der Statue Unsummen verschlungen hat – Gold, das in den Händen
der Zwerge schwer wog, aber in den Taschen derer, die jeden Tag gegen den Hunger und die Kälte kämpfen,
mehr hätte wiegen können. Wie viele Häuser hätten mit dem Stein dieser Statue repariert werden
können? Wie viele Hungrige hätten mit den Münzen, die für den König verschwendet wurden, Brot auf
dem Tisch gehabt? Die Zwerge, die doch so stolz auf ihre Tugenden der Gemeinschaft und des Fleißes
sind, scheinen vergessen zu haben, dass ein König nur so stark ist wie das schwächste Glied seiner
Gesellschaft. Und unser Armenviertel ist schwach. Schwächer, als sie es wissen wollen.

Während also die Königsstatue am Hauptplatz in neuem Glanz erstrahlt, bleiben die Straßen hier
unbefestigt, die Dächer undicht, und die Kälte durchdringt jedes Zimmer. Wir kämpfen weiter um das
tägliche Überleben, in einer Stadt, die uns längst aufgegeben hat.

Doch eins steht fest: Diese Statue mag den neuen König ehren, doch sie ist ein Mahnmal – nicht für
seine Größe, sondern für den Abgrund, in den unsere Stadt gefallen ist. Ein Abgrund, den Steinmetzkunst
und Erz nicht füllen können. Vielleicht werden die Zwerge eines Tages aufwachen und begreifen, dass es
nicht Monumente aus Stein sind, die ein Reich groß machen, sondern das Wohlergehen seiner Bewohner.
Aber bis dahin, fürchte ich, werden wir in ihrem Schatten weiter frieren.

~ Eine Bewohnerin der 4. Ebene von Eisschmiede

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